Alles nur Formsache? Sollten Roboter rund oder eckig sein?

Motivation

Bei Reinigungsrobotern gibt es über kaum etwas so viel Diskussion, wie über die der Roboter, ob nun oder besser ist, oder vielleicht was anderes.

Und während die gemachten Begründungen meist üblich und Behauptungen durchaus nachvollziehbar sind, so ist es doch nicht wirklich ergiebig.

Denn meist werden die eigentlichen Punkte, d.h. die eigentlich wichtigen Aspekte nicht mal erwähnt, geschweige denn hinterfragt.

Aber die Form selbst ist bei den genannten Begründungen gar nicht mal so wichtig und „kaufen Sie dies oder das“ allzu oft nur versuchte Augenwischerei.

Die Form hat in der Tat einen Einfluss. Jedoch einen anderen, wie wir sehen werden.

In diesem Beitrag präsentiere ich Ihnen verbreitete und eher ungewöhnliche Formen, beleuchte die gerne genannten Vor- und auch die Nachteile, und beschreibe Ihnen dann, worauf es wirklich ankommt.

Formen und Gerüchte

Betrachten wir zunächst die verschiedenen Formen und die verbreiteten und immer wieder gerne genannten Vor- und Nachteile, die ich hier mal als Gerüchte bezeichne – Sie werden sehen, warum.

Runde Roboter

iRobot Roomba 960Die meisten Roboter sind rund.

Und wenn ich das Stichwort „Staubsauger-Roboter“ erwähne, denken Sie womöglich als allererstes an die Roomba Saugroboter von iRobot, die besonders bekannt sind.

Bekannt, beliebt – und rund.

Natürlich gibt es inzwischen eine Vielzahl weiterer Hersteller und Modelle, die ebenfalls rund sind.

Xiaomi Roborock S5xSeien es Chuwi iLife und seine Ableger, Ecovacs Robotics Deebot, oder die aufstrebenden Xiaomi Roboter.

Als Vorteil von „rund“ wird gerne gesagt, dass ein runder Roboter sich seltener einklemmt und nicht festfährt. Im ersten Moment ist das verständlich, kann sich der Roboter doch auf der Stelle drehen und sich so ganz sicher auch wieder in die Richtung drehen und fahren, aus der er kam.

Ja, aber: Warum muss er sich dafür denn drehen?

Er kann auch doch einfach rückwärts fahren. Die meisten Saugroboter können das. Und die meisten machen das natürlich auch.

Wenn ein irgendwie geartetes Fahrzeug vorwärts gefahren ist, nicht mehr weiterkommt und sich nicht drehen kann oder möchte, so kann es dennoch stets genau den gleichen Weg wieder rückwärts fahren.

Es liegt also eher an der Vorgehensweise und Intelligenz, als an der Form, ob sich etwas festfährt.

Auch liegt es eher an der Höhe bzw. am Abstand zwischen Roboter und Einrichtung (z.B. Schrank, Sofa, WC,…), ob er hängen bleibt.

Drehung kann einen leichten Bodenbelag oder ein Kabel mitnehmen und die Situation unter Umständen eher verschärfen.

Als Nachteil wir normalerweise die (Zimmer-)Ecke genannt, in die ein runder Roboter nicht wirklich kommt. Und das stimmt natürlich schon. Während Raumecken praktisch nie wirklich rechtwinklig sind, sind sie dennoch irgendwie eckig und nicht rund. Und ein runder Gegenstand kommt nur so-und-so weit in eine eckige Form.

Aber was ist dann mit den wirklichen Rundungen, was ist mit Gegenständen auf dem Boden, oder Stuhl- und Tischbeinen, die i.a. nicht rein eckig und perfekt ausgerichtet sein dürften, so dass ein eckiger Roboter frontal auf sie trifft oder gerade an ihnen vorbeifährt.

Sie sehen, dass diese Begründungen und Behauptungen etwas zu kurz gehen und nicht wirklich passen.

Rechteckige Roboter

iRobot Braava jet 240Rechteckige Roboter sind nicht sehr verbreitet, aber zum Beispiel gibt es die (eher) rechteckigen iRobot Braava Wischroboter.

Vor- und Nachteile sind im Prinzip gegenläufig zu „rund“, also mit Vorteil eckige Raumecke und Nachteil festfahren.

Aus gleichem Grund, warum es kein Vor- oder Nachteil für „rund“ ist, ist es auch kein Nach- oder Vorteil für „eckig“ (oder allgemeiner für „nicht-rund“).

Die Braava Wischroboter navigieren systematisch mit Hilfe von Referenzpunkten und reinigen Räume in Bahnen. Festfahren, weil eckig? Eher nicht.

Sie sehen, dass die gerne zitierten Begründungen und Behauptungen nicht wirklich passen.

Mischformen und Seltenere Formen

Viel häufiger als die eckig sind einige Mischformen.

Neato Robotics Botvac 85Eine sehr bekannte Mischform ist die „D“-Form von Neato Robotics.

Alle Neato Modelle haben eine gerade Front und einen runden Rücken, die von oben wie ein großes D aussieht.

Sie erkennen mit Laser Ihre Umgebung, also Grundriss und Hindernisse, navigieren durchgängig effizient und systematisch auch durch komplizierte Grundrisse. Es gibt einige weitere Reihen, die einzelne Features betonen, sei es die D-Form oder die Konnectivität per App.

Ecovacs Deebot SLIM2Und während die meisten Ecovacs Robotics Deebot rund sind, sind die besonders flachen Ecovacs Robotics Deebot Slim abgerundete Rechtecke bzw. Quadrate, deren Wölbung in etwa über die halbe Ausdehnung geht.

Beide Formen kommen gleich gut zurecht.

Es liegt nicht nur an der Form, wie gut ein Roboter navigiert.

Aber es gibt auch echt seltenes. LG und AEG haben z.B. auch dreieckige Saugroboter unter ihren Modellen, wie zum Beispiel den AEG RX9-1-IBM.

Das ist schon eine interessante Form und ich kann mir vorstellen, dass sie in besonderen Situationen hilfreich ist.

Sie erlaubt mit ihren abgerundeten Spitzen samt Seitenbürste sich in knapperen Situationen sozusagen durchzuschlängeln.

Sein Hauptmerkmal ist aber nicht seine ungewöhnliche Form, oder die weiter heraus stehende Seitenbürste, sondern die Fähigkeit die Umgebung in 3D zu sehen, was durch zwei nach vorne gerichtete Kameras, links und rechts, erreicht wird.

Tatsächlich wichtig

Wirklich wichtig sind jedoch andere Dinge.

Navigation und Festfahren

Zunächst einmal fährt sich ein Roboter weit eher dadurch fest, weil er zu wenig Platz unter Schrank, Bett oder WC hat.

Wichtig ist hier, dass zum einen etwas Spiel zwischen dem Roboter und dem Möbelstück ist und dies zum anderen für den gesamten Bereich gilt.

Nicht jeder Bodenbelag ist stets absolut eben. Bei Falten oder Wellen im Bodenbelag ist der geringste Abstand relevant, sonst kommt der Roboter zwar an der einen Stelle z.B. unter das Bett, wird aber weiter hinten durch eine Welle an den Bettboden gedrückt und bleibt dort hängen.

Gleichermaßen können auch Kabel, u.ä. dazu führen, dass der Abstand verringert wird.

Für niedrige Möbel sind besonders flache Roboter, wie die Ecovacs Robotics Deebot Slim, geeignet. Wo generell genug Platz und Abstand ist, können zum Teil doppelt so hohe Roboter reinigen.

Ansonsten sind Sensoren das A und O. Wie nimmt der Roboter seine Umgebung wahr? Mit Laser oder Kamera kann ein Roboter seine Umgebung sehen und ggf. einschätzen. Mit Laser oder geeignet gerichteter Kamera auch bevor er irgendwo hinein und durch fährt. Mit Laser auch bei Dunkelheit. Ähnliches leisten (auf kürzere Distanz) auch Ultraschall- und Infrarotsensoren.

Standard sind Abgrundsensoren, die nach unten blicken und dem Roboter mitteilen, dass kein Boden mehr ist und besser nicht weitergefahren werden sollte.

Mitunter verfügt ein Roboter über ähnliche Sensoren, die aber nach oben blicken. Sie dienen meist dazu, zu verhindern, dass der Roboter bei schon schwachem Akku unter ein Bett oder Schrank fährt. Damit er nicht ausgerechnet dort stehen bleibt. Allerdings könnten die Sensoren auch erkennen, dass der Abstand zu einem Objekt über dem Roboter zu knapp wird. So bietet der Xiaomi Roborock S50 z.B. in seinem Laserturm einen Drucksensor, der Druck von oben erkennt und so Einklemmen verhindern hilft.

Reinigungsqualität

Wie gut ein Roboter an Gegenstände und Wände heran und in Ecken hinein reinigt, hängt weniger von seiner Form ab, weil es doch eh eher unwahrscheinlich ist, dass alles rechtwinklig und perfekt ausgerichtet ist.

Wichtig sind neben der Navigationsstrategie besonders zwei Dinge

  • Seitenbürste
  • Hauptbürste: Breite und Abstand zum Rand

Seitenbürste

Eine Seitenbürste befindet sich meist schräg vorne rechts, manchmal auch schräg vorne an beiden Seiten, und dient dazu, Verunreinigungen vor die Hauptbürste/-düse zu fegen.

Hat Ihr Roboter eine Seitenbürste, so fegt diese kontinuierlich. Aufgrund der Größe und Lage der Seitenbürste erreicht sie ein ganzes Stück außerhalb des Gehäuses und dies aufgrund der Art und Flexibilität auch beim Passieren von Gegenständen, an Wände heran und in Ecken hinein.

Auch ein runder Roboter kommt mit geeigneter Seitenbürste gut in Ecken hinein. Nicht wesentlich schlechter als ein eckiger Roboter mit Seitenbürste.

Hauptbürste: Breite und Abstand zum Rand

Für die Effizienz der Reinigung ist wichtig, wie breit die Bürste oder Düse ist, mit der die Verunreinigungen aufgenommen werden.

Aber ähnlich wie bei Akku-Leistung und Behälter-Kapazität ist ein guter Mittelweg zu finden. Denn die auf den Bodenbelag wirkende Leistung verteilt sich auf die Breite der Düse. Bei schmaleren Saugdüsen wirkt der gleiche Saugstrom auf einen kleineren Bereich, also stärker.

Allerdings müssen dann zur Vollabdeckung der Fläche engere Bahnen gefahren werden.

Gerade bei zufällig navigierenden Robotern beeinflusst die Breite also die Reichweite und die Qualität deutlich, da mit der Breite die abgedeckte Fläche erhöht wird. Wenn auch nicht immer 100%-ig. Der iRobot Roomba 980 links hat eine breitere Bürste als der Kärcher RC 3000 rechts, die sich zudem eher mittig befindet.

Kärcher RC 3000 BürsteiRobot Roomba 980 Bürste

Dieses Kriterium ist auch ein Aspekt, der bei der Entscheidung wichtig ist, ob Ihr Roboter eine Bürste oder eine Düse verwenden sollte. Denn dem Vorteil von Düsen auf Hartböden stehen ja auch Nachteile gegenüber. Hier insbesondere, dass Düsen oft schmaler sind als Bürsten. Der Ecovacs Robotics Deebot M82 mit Bürste links im Vergleich zur Saugdüse des Ecovacs Robotics Slim 2.

Bei systematisch navigierenden Robotern geht es eher um die Reinigungsgeschwindigkeit, da sie geplant vorgehen und eine schmalere Bürste einfach bedeutet, dass engere Bahnen gefahren werden müssen, was länger dauert.

Unabhängig von der Art der Navigation beeinflusst jedoch der Abstand der Bürste zum Rand, wie gut die Randreinigung ist. Denn es sagt direkt aus, bis zu welchem Abstand von der Wand nicht direkt gesaugt wird. Eine Seitenbürste ist auch hier hilfreich.

Oben haben wir bereits einen Vergleich der zufällig navigierenden Roomba und Kärcher gesehen.

Schauen Sie sich nun die systematisch navigierenden Neato Robotics Modelle XV und Neato Robotics Modelle BotVac an, so sehen Sie nicht nur, dass dieser Umstand weder an der Navigationsart noch an der Form des Roboters liegt.

Neato Robotics BotVac BürsteNeato Robotics XV Bürste

Sie sehen zudem, warum ich Ihnen bei der Entscheidung zwischen der XV-Reihe und der BotVac-Reihe (BotVac, BotVac D, BotVac Connected) eher zu einem BotVac rate, dessen Bürste deutlich breiter ist, deutlich näher an den Rand reicht und der zudem zusätzlich mit einer Seitenbürste ausgestattet ist.

Fazit

Wie Sie gesehen haben, ist die Form des Roboters selbst weniger wichtig. Es ist für Navigation und Reinigung ein Aspekt, der das Reinigungsergebnis beeinflussen kann, aber nicht entscheidet.

Runde Roboter haben durch ihre Form keinen wesentlichen Nachteil und reinigen ebenso gut an Gegenstände und Wände heran und in Ecken hinein, wie eckige, wenn sie über eine Seitenbürste verfügen.

Nicht-runde Roboter haben durch ihre Form keinen Nachteil und bleiben nicht häufiger hängen, als runde, wenn Sie über geeignete Sensoren verfügen, mit denen die Umgebung wahrgenommen werden kann.

Für die Navigationsqualität eines Saugroboters sind die Art der Navigation und die vorhandenen Sensoren entscheidend.

Die Reinigungsqualität wird durch die Seitenbürste und eine näher an den Rand reichende Bürste oder Düse geprägt. Für die Reinigungsgeschwindigkeit (und Gründlichkeit pro Durchgang) ist wiederum die Art der Navigation ausschlaggend.

Und nur hier spielt die Form eine Rolle – bei der Breite der Hauptbürste.

Denn eine runde Form reduziert die mögliche Breite der Bürste, was der Rundung geschuldet ist. Bei dem Roomba sahen Sie, dass die Bürste mittig zwischen den Rädern liegt. Sie kann also nicht so breit sein, wie die eines Neato Robotics BotVac.

Aber beide liefern ein sehr gutes Reinigungsergebnis ab.

Denn das für sich allein gesehen ist nicht ausschlaggebend. Der gleiche Roomba hat eine Seitenbürste und reinigt so näher an die Wand heran, als es jeder Roboter ohne kann.

Gleiches gilt z.B. für den Xiaomi Roborock S5x, der rund ist, aber rasch und souverän  beliebig komplexe Grundrisse reinigt und ein hervorragendes Reinigungsergebnis liefert.

Dieser Beitrag wurde unter Ratgeber abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert